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Ach, du dicker Hund!

Ach, du dicker Hund! Übergewicht bei Hunden

– oder hat dir schonmal jemand gesagt, dass dein Hund übergewichtig ist? Warum ich damit Kunden verliere und gleichzeitig nicht müde werde, es zu thematisieren.
Nach aktuellen Studien ist in Deutschland fast jeder zweite Hund zu dick; genauer gesagt sind es 44 %. Dabei geht Übergewicht bei Hunden mit ernsten gesundheitlichen Risiken einher. Bevor ich genauer auf diese eingehe, erzähle ich euch eine kurze Geschichte aus meinem Praxisalltag, die sich kürzlich ereignet hat.

Übergewicht beim Hund: aus meinem Praxisalltag

Ein Hund wurde in meiner Praxis aufgrund von immer wiederkehrender Lahmheit vorne vorstellig. Eine Diagnostik wurde bis dato nicht betrieben. Der Hund erhielt Schmerzmittel und lief damit stets zügig wieder besser. Allerdings kehrte die Lahmheit immer häufiger zurück und hielt jedes Mal ein paar Tage länger an als zuvor. Beim ersten Blick auf den Hund war mir sofort klar, dass dieser ein massives Übergewicht hat. Genauer gesagt lag das Übergewicht dieses Hundes sogar bei 30 %. Da ein Vergleich oft hilft, sich das Ausmaß besser vorzustellen: Das wäre so, als würde ich rund 18 kg mehr wiegen.

Ich habe die Besitzer auf das aktuelle Gewicht angesprochen und ihnen mitgeteilt, dass ihr Hund aktuell stark übergewichtig ist. Ich merkte an der Reaktion der Besitzer, dass ich definitiv die erste Person war, die dieses Problem thematisierte. Sie waren verwundert, aber einsichtig und bereit, etwas zu verändern. Zusammen mit Frau Dr. Stephanie Schmitt, Fachtierärztin für Tierernährung, haben wir einen neuen Ernährungsplan erstellt. Leider kam für diesen Hund die Gewichtsreduktion zu spät. So wird er nun, zwei Wochen nach dem Erstkontakt mit mir, operiert. Eine Operation mit Ankündigung … Eine Operation, zu der es bei einem normalgewichtigen Hund voraussichtlich nicht gekommen wäre. Abgesehen von den Auswirkungen auf das Tier gehe ich von rund 4.000 EUR Kosten für die Operation selbst sowie dessen Vor- und Nachsorge aus.

Warum erzähle ich euch genau diese Geschichte?
Es geht mir nicht darum, Angst zu schüren. Es geht mir darum, aufzuklären. Aufzuklären darüber, dass Übergewicht beim Hund keine Option ist. Die meisten Hunde, die bei mir vorstellig werden, haben die OP bereits hinter sich. Ich unterstütze dann die Besitzer*innen mit ihren Hunden in der Rehabilitation. Auch hier geht es bei vielen Hunden darum, das Idealgewicht zu erreichen. Denn jedes Kilogramm zu viel erschwert die postoperative Heilung. Diese Geschichte ist anders – zwischen Erstkontakt und dem damit verbundenen Aufklärungsgespräch und dem „Ereignis“, das zur OP führte, liegen gerade einmal 16 Tage.

Aufgrund der aktuellen Lahmheit und des starken Übergewichts hatte ich strikte Leinenpflicht „angeordnet“. Außerdem empfahl ich eine tierärztliche Schmerztherapie. Leider hielten die Besitzer des Hundes sich nicht an die Leinenpflicht.
Nach dem Toben mit zwei anderen Hunden kehrte der Hund nur noch auf drei Beinen laufend zurück – Kreuzbandriss. In diesem Fall liegt die Vermutung nahe, dass die Lahmheit vorne (eigentlicher Vorstellungsgrund in meiner Praxis) eine typische Überlastungserscheinung des bereits degenerativ veränderten Kreuzbands hinten war. Nachdem ich den Patienten im ersten Termin quasi nicht anfassen konnte, kann ich das natürlich nur mutmaßen.

Warum gab es keine tierärztliche Aufklärung?

Wenn ich Patientenbesitzer*innen auf das Gewicht ihres Hundes anspreche, herrscht nicht selten völlige Ahnungslosigkeit. Oftmals wird als Erstes entgegnet: „Ja, aber warum hat denn der Tierarzt nie etwas gesagt?“

An dieser Stelle vorab: Das soll hier in keiner Weise ein „Tierarztbashing“ oder ähnliches werden. Unsere Tierärzte sind wichtig und wir brauchen sie. Nur durch ein gemeinschaftliches Arbeiten können wir etwas für den Hund erreichen. Ich kann an dieser Stelle also nur Vermutungen anstellen, warum ein Übergewicht nicht thematisiert wird.

Ein Gespräch über zu viel Gewicht beim Hund wird schnell zu einem sehr emotionalen Thema. Nicht selten sehen wir ähnliche Probleme beim Besitzer selbst. In jedem Fall ist es für die Besitzer ein unangenehmes Gespräch. Wir äußern Kritik an einem Zustand – und auf Kritik wird oft gemauert.
Meine erste Vermutung ist demnach, dass der Tierarzt ein derart unangenehmes Gespräch einfach nicht führen möchte, es quasi bewusst vermeidet. Wenn wir der Statistik glauben, müsste er dieses Gespräch schließlich mit fast jedem zweiten Kunden führen.

Vielleicht ist es auch einfach schon „normal“, dass ein Hund zu dick ist? Was, wenn die Wahrnehmung bereits derart verzehrt ist, dass es quasi nicht mehr auffällt, wenn ein Hund Übergewicht hat?
Angesprochen auf das Übergewicht des Hundes, höre ich nicht selten: „Ach, mein Bello braucht keine Modelmaße.“ – Nein, Modelmaße nicht, aber ein gesundes Idealgewicht wäre schön.

Auch habe ich bereits gehört, dass sowohl Tierärzte als auch Kolleg*innen aus der Tierphysiotherapie dieses Gespräch vermeiden. Aus Angst. Angst davor, den Kunden zu verlieren. Und auch ich kann bestätigen, dass ich bereits Kunden nach Gesprächen über das Übergewicht ihres Hundes verloren habe.
Tatsächlich reflektiere ich meine Gesprächsführung: Hätte ich es freundlicher sagen können etc.? Hätte ich es möglicherweise erst beim 2. oder 3. Termin thematisieren sollen?
Aber ich bleibe dabei – und vor allem mir treu. Ein starkes Übergewicht wird bei mir im Erstgespräch thematisiert, und zwar dringend. Denn ohne eine Gewichtsreduktion werden wir die Ziele der Physiotherapie nicht erreichen. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass eine Gewichtsreduktion nicht von heute auf morgen passieren kann und darf.

Übergewicht beim Hund – und jetzt?

Wie auch bei uns Menschen können wir das Übergewicht von zwei Seiten „angreifen“: Kalorien runter und Bewegung rauf. „Kalorien runter“ funktioniert (unter Anleitung) bei jedem Hund. „Bewegung rauf“ ist häufig abhängig davon, wie fortgeschritten mögliche andere Erkrankungen sind.

Eine Anpassung der Ernährung kann sehr unterschiedlich aussehen:
In manchen Fällen reicht es aus, die Futtermenge zu reduzieren (ich rede hier ausdrücklich nicht von „Friss die Hälfte“, sondern von einer Schätzung des Idealgewichts und dem anschließenden Abwiegen –auf einer Waage! – der Futtermenge.

Nicht selten erhalten Hunde die Ration für ihr aktuelles Gewicht und nicht für ihr eigentliches Idealgewicht. Hinzu kommen in der Regel Leckerli, Kausnacks und möglicherweise noch etwas vom Tisch – auch diese zusätzlichen Kalorien sollten dringend hinterfragt werden.
In besonders schlimmen Fällen von Übergewicht beim Hund kann es sogar erforderlich sein, das Hauptfutter zu wechseln. Dann müssen Hundebesitzer*innen zusätzlich Zeit einplanen, in welcher der Hund sich an das neue Futter gewöhnt.
In der heutigen Zeit reagieren viele Hunde mit Unverträglichkeiten oder sogar Allergien auf Futter. Dann vergehen auch hier möglicherweise noch einmal Wochen, bis eine neue, zufriedenstellende Lösung für Hund und Besitzer*in gefunden ist.

Ich verfüge über ein umfassendes Wissen über die Ernährung von Hunden und beantworte gerne erste einfache Fragen. Dennoch habe ich mich bewusst dazu entschieden, in meiner Praxis keine Ernährungsberatung anzubieten.
Ich konzentriere mich auf die Hundephysiotherapie und empfehle an dieser Stelle gerne Fr. Dr. Stephanie Schmitt, Fachtierärztin für Tierernährung. Fr. Dr. Schmitt ist jeden Donnerstagnachmittag in meiner Praxis und unterstützt hier gerne und besser, als ich es je könnte. Termine kannst du auf ihrer Webseite direkt online vereinbaren.

Zusätzlich zur Futteranpassung unterstütze ich dich und deinen Hund gerne in meiner Hundephysio Praxis in München Ost mit einem gelenkschonenden Hundefitnesstraining oder einer Hydrotherapie. Bei dieser profitiert dein Hund vom Auftrieb des Wassers und die Gelenke werden so geschont.

Was sind die Risiken von Übergewicht bei Hunden?

Gerne möchte ich an dieser Stelle unterscheiden zwischen Folgen für den Bewegungsapparat und allen weiteren Erkrankungen. Nachdem ich als Physiotherapeutin vornehmlich den Bewegungsapparat behandle, werde ich mich im Folgenden auch auf diese Krankheiten beschränken. Wichtig ist es mir an dieser zu Stelle zu betonen, dass Adipositas auch selbst eine ernst zunehmende Krankheit ist.

Durch das erhöhte Körpergewicht werden die Gelenke exponentiell mehr belastet als bei normalgewichtigen Hunden. Diese Mehrbelastung auf den Gelenken kann zu frühzeitiger Arthrose führen. Hier entsteht ein ernstzunehmender Teufelskreis:

  • Das zunächst nur leichte Übergewicht führt zu entzündlichen Prozessen in den Gelenken.
  • Sobald die Gelenke schmerzhaft sind, kommt es zur Bewegungsunlust beim Hund.
  • Bewegt der Hund sich weniger bei gleichbleibender Fütterung, kommt es zur weiteren Gewichtszunahme …

Auch das Risiko für einen Bandscheibenvorfall und Kreuzbandriss beim Hund steigen mit der Zunahme des Gewichts des Hundes an. Weitere Informationen zu diesen beiden Krankheiten folgen im Laufe der nächsten Wochen in meinem Blog.

Du möchtest das Übergewicht deines Hundes angehen, bevor es zu Folgeschäden kommt? Oder frühzeitig vermeiden, dass es überhaupt zu erhöhtem Gewicht kommt? In beiden Fällen freue ich mich auf deine Kontaktaufnahme oder deine Terminbuchung .
Gemeinsam gehen wir das Problem an und arbeiten an einem gesunden Gewicht für deinen Hund.